Dienstag, 1. November 2016

Tenkodogo: Die erste Woche

Endlich schaffe ich es, euch nach einer ereignisreichen Woche von meinen ersten Erlebnissen in Burkina zu berichten. Wir hatten einfach so viel um die Ohren, dass an einen früheren Blogeintrag nicht zu denken war. Zum Glück führe ich hier aber ein Tagebuch, sodass ich bestimmt nichts Wichtiges vergessen werde.

Ein wunderschöner Baobab (Afrikanischer Affenbrotbaum)
Am Samstag, den 22. September, sind wir also frühmorgens am Frankfurter Flughafen gestartet. Der Abschied von meiner Freundin und meiner Familie war tränenreich, denn zwei Monate sind zwar im Rückblick bestimmt nicht viel, aber hören sich im Vorfeld schon ziemlich doll an (und zur Zeit muss ich leider sagen, dass sie sich auch lang anfühlen). Über Brüssel sind wir dann also in einem fast sechsstündigen Flug nach Ouagadougou geflogen. Als wir wohlbehalten aus dem Flieger stiegen, schlug uns eine unglaubliche Hitze entgegen. Von 8 auf über 35 Grad an einem Tag, das ist schon ziemlich krass. Wir wurden dann von zwei Fahrern, mit denen wir auch die kommende Woche unterwegs sein sollten, am Flughafen abgeholt und ins Hotel gefahren. Es lieferte sich ein unglaublicher Anblick: Überall roter Sand, überall Müll und vor allem sehr einfache Häuser am Straßenrand, vor denen überall Menschen versuchten irgendetwas zu verkaufen. Das Highlight war aber eine Kuhherde, die von Kindern über die Straße getrieben wurde, sodass unser Auto anhalten musste. Das werde ich wohl so schnell nicht vergessen. Man ist ein paar Stunden geflogen und in einer komplett anderen Welt angekommen. Die Zimmer im Hotel waren einfach, aber sauber und in Ordnung. Bett, Bad mit Dusche, Waschbecken und Toilette, Schrank, Klimaanlage und Ventilator. Alles da. Abends sind wir dann noch mit dem Besitzer des Hotels und dessen Frau, sowie einem französischen Ehepaar aus Chinon essen gewesen. Letztere kannte ich witzigerweise schon, weil ich im Super U in Chinon, der ihnen gehört, vor einigen Jahren ein Praktikum gemacht hatte. Es gab Hähnchen mit frittierten Kartoffeln und hat gut geschmeckt. Ich freue mich auf die Zeit hier in Burkina. :)

Ouagadougou

Sonntag, 23. Oktober: Bei der Stadtrundfahrt mit unserem Übersetzer Paul aus Tenkodogo und unseren Fahrern Eric und Aristide stellte ich insbesondere eins fest: viel Müll. In Ouaga (und übrigens auch überall sonst) gibt es keine Müllabfuhr. Das machte mich schon betroffen, weil überall auch Esel, Kühe, Ziegen und Schafe darin rumschnuppern auf der Suche nach Essen. Außerdem habe ich mir auch den Bart komplett abgeschnitten, um mal zu testen, wie das aussieht. Ich bin aber mittlerweile zur Erkenntnis gelangt, dass es mit doch deutlich besser ist und lasse wieder wachsen.

Nochmal Ouaga.
Montag, 24. Oktober: Heute wurden wir von unseren Fahrern in zwei Jeeps nach Tenkodogo gebracht. Dabei haben wir auf dem Weg u.a. das eindrucksvolle Operndorf, das von Christoph Schlingensief initiiert wurde, besichtigt. Dabei handelt es sich um ein deutsches interkulturelles Schulprojekt. Wir hatten zudem die Möglichkeit mit Aino Laberenz, der Witwe von Schlingensief und Leiterin des Operndorfs zu sprechen und uns die eindrucksvolle Architektur und die neue Krankenstation anzuschauen. Auf der weiteren Strecke fuhren wir über eine gut ausgebaute Straße und sahen wunderbar unberührte Landstriche – das fehlt in Deutschland! Auf halber Strecke führten wir noch ein Gespräch mit einem Vertreter der Deutschen Botschaft. Dann kamen wir in Tenkodogo an und ich hatte sofort einen tollen Eindruck. Die Zimmer im Hotel waren auch gut. Gegenüber tranken wir mit dem Ehepaar aus Chinon noch ein Bier, dann fielen wir müde ins Bett.

Schule von Gorgou.
Dienstag, 25. Oktober: Heute hatten meine Freundin und ich Jahrestag (<3). Und wir waren auf dem Marché de Tenkodogo. Enge, verwinkelte Wege mit Stoffen, Fleisch und allen anderen Dingen. Wirklich ein toller Anblick! Außerdem sind wir nach Gorgou gefahren. Das ist eins der kleinen Dörfer, die zu Tenkodogo gehören. Dort an der Schule ist der Verein schon seit einiger Zeit tätig. Wir haben uns den aktuellen Stand angeschaut. Die Aufladestation für Handys, die dort vor zwei Jahren errichtet wurde, hat Konkurrenz im Dorf bekommen. Der Schulgarten soll bald bepflanzt werden. Alles in allem wunderbar diese Ausflüge auf die Dörfer!

Mittwoch, 26. Oktober: Heute waren wir in Goursampa, einem weiteren Dorf. Die „Straße“ dort hin war grauenhaft, aber unsere Fahrer haben sie gemeistert! Der Brunnen, damit das Dorf Wasser hat, den wir dort gebaut haben, wird regelmäßig gewartet und ist im vollen Betrieb. Auch der Schulgarten, der mit unserer Hilfe gebaut wurde, blüht. Es ist toll zu sehen, dass unsere Hilfen und Ideen nicht nur angenommen, sondern auch weiterentwickelt werden. Hier können wir guten Gewissens noch ein zweites Schulgebäude bauen. Nicht zu beschreiben ist die Freude der Kinder, als wir dem Schulleiter für sie Fußbälle überreichten –  einfach großartig!

Goursampa, ganz vorne der Dorfchef
Donnerstag, 27. Oktober: Heute haben uns Jean-Louis und seine Frau Martine aus Chinon ihre Projekte gezeigt. Sie haben in der Umgebung von Tenkodogo drei Schulen und eine Krankenstation gebaut. Das war sehr eindrucksvoll. Ein bisschen nervig ist aber, dass Jean-Louis ohne Unterlass redet, er hört einfach nicht auf.

Freitag, 28. Oktober: Leider habe ich die Nacht und den Tag krank im Bett bzw. im Bad verbracht. Ich habe wohl etwas Falsches gegessen. Deshalb konnte ich auch nicht meinen Chef Abbé Dénis bei Caritas kennenlernen, die anderen mussten ohne mich fahren. Mir ging es so richtig schlecht. So schlecht, dass ich sogar überlegt habe, ob ich überhaupt noch hier bleiben möchte. Zum Glück konnte ich nach Hause telefonieren, das hat mir geholfen. Heimweh gehört wohl leider dazu.

Samstag, 29. Oktober: So richtig gesund bin ich noch nicht und mein Heimweh hat auch nicht nachgelassen. Trotzdem bin ich in mein neues Zimmer umgezogen. Es liegt in der katholischen Gemeinde von Tenkodogo und hat ein Bad (mit mitteleuropäischer Toilette, Gott sei Dank!), Bett, Schreibtisch und Schrank. Auch ein Ventilator ist da und der läuft auf Hochtouren! Es ist nicht besonders schön, aber es lässt sich hier leben. Die Anderen haben sich heute von mir verabschiedet und sind zurück nach Ouagadougou gefahren.

Sonntag, 30. Oktober: Heute habe ich Moped fahren gelernt! Meine Brüder wären stolz auf mich. Paul, unser Übersetzer, hat es mir beigebracht und Spaß hat’s auch gemacht! Paul und seine Familie kümmern sich sowieso super um mich, sie haben schon für mich gekocht und wollen sogar waschen. Danke!


Montag, 31. Oktober: Das schönste war, dass hier niemand von Halloween gesprochen hat. Ich bin nochmal mit Paul und dem Roller unterwegs gewesen, mittlerweile klappt es echt gut. Abends hat Jean-Louis seine Freunde eingeladen zum Essen von französischen Delikatessen, die er mitgebracht hatte. Das war schön, aber der Mann redet und redet und redet. Man kommt nie zu Wort und irgendwann ist man nur noch genervt.

Dienstag, 1. November: Endlich November! Jetzt geht das Praktikum endlich los. Ich habe kurz meinen Chef kennengelernt. Da aber heute Allerheiligen war, wurde hier ein großer Gottesdienst (3 Stunden!) gefeiert, in dem auch Pauls drittes Kind getauft wurde. Danach war ich auf der Tauffeier, das war schön. Und ich kann endlich wieder essen.
Morgen beginnt dann endlich mein Praktikum!

Gottesdienst: Die Kirche ist voll, draußen sind auch noch viele Menschen!

An alle, die bis hierher gelesen haben: Ich versuche in Zukunft etwas öfter zu schreiben, dann wird es auch nicht so lang. ;-) Die erste gute Woche hier war sehr abwechslungsreich. Natürlich dauert es eine Zeit, bis man sich an das Leben hier gewöhnt hat. Aber die Eindrücke, die man auf den Dörfern gewinnt von all den tollen Menschen, die mit so wenig Mitteln irgendwie über die Runden kommen, sind unbezahlbar und zeigen, dass es eine gute Entscheidung war, hierher zu kommen. Leider habe ich aber auch festgestellt, dass ich wirklich „gut“ vermissen kann. Ich hoffe, dass sich das mit der Zeit regelt und ich meinen Aufenthalt hier so richtig genießen kann. Ich habe ein gutes Gefühl!

Bis dahin! A bientôt
Jonas

Paul et moi

1 Kommentar :

  1. Ich bin gespannt über deine Eindrücke, wenn du erst so richtig mit der Bevölkerung in Kontakt kommst und würde gerne erfahren, wie du dich als weißer Europäer unter Schwarzen fühlst. Vielleicht erfährst du auch einiges über die spannende Geschichte des Landes und als Jungsozialist v.a. über den Landeshelden Thomas Sankara :) Über afrikanische Geschichte lernen wir in der Schule (abgesehen von ein wenig Kolonialgeschichte) ja leider nicht viel. Falls dich interessiert, wie ich damals Tansania erlebt habe: http://tanz-mink.blogspot.de/ =)

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